Monat: September 2024

Täter-Opfer-Umkehr

Was sagt man, wenn ein Terrorist umfällt, weil in seiner Hosentasche ein Pager explodiert: „Wie gut, jetzt kann er niemandem mehr schaden“? Nein, man sagt: „Wie furchtbar, das ist ein gefährlicher, heimtückischer Anschlag“

Darf man sich über den Tod von Menschen freuen? Knifflige Frage. Die Ausschaltung einer ganzen Reihe von Hisbollah-Mitgliedern mittels Pager hat links der Mitte Bestürzung ausgelöst. Der Angriff sei völkerrechtswidrig und gefährlich, erklärte die Politikwissenschaftlerin Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung im Interview bei Phoenix.

„In Deutschland leben knapp 200000 Menschen mit libanesischer Staatsangehörigkeit oder libanesischem Migrationshintergrund“, schrieb der Berliner Grünen-Abgeordnete Daniel Eliasson. „Findet die deutsche Politik einen Umgang mit den aktuellen Ereignissen, die den Ängsten und evtl. auch Traumata dieser Menschen empathievoll begegnet?“

Meine erste Reaktion war Bewunderung. Als ich die Bilder aus einem Supermarkt sah, in denen ein Pager in der Tasche eines Hisbollah-Kämpfers explodierte, dachte ich: Respekt, was für eine irre Aktion. Da ich meine Bewunderung nicht für mich behielt, kamen auch Zurechtweisungen.

Das sei zynisch und menschenverachtend, hieß es. Es folgte eine lange Standpauke auf dem Mediendienst „Übermedien“, der in meiner Branche so etwas wie das Wort zum Sonntag ist: Gerade Menschen, die in der Öffentlichkeit stünden und über eine große Reichweite verfügten, sollten wissen, dass es jeder Anstand verbiete, sich über den Tod von Menschen lustig zu machen.

Ich habe dann noch mal in mein Herz gesehen. Ich habe geschaut, ob ich nicht doch so etwas wie Mitgefühl für die Hisbollah habe. Das Ergebnis ist: leider nein. Wenn es einen Terroristen erwischt, egal wo auf der Welt, finde ich, dass die Welt ein Stück besser geworden ist. Wenn es 3000 Terroristen auf einmal den Boden unter den Füßen wegzieht, ist sie ein großes Stück besser geworden.

Es sind wahrscheinlich auch ein paar Leute zu Schaden gekommen, die nichts direkt mit der Hisbollah zu tun haben. Ein Mädchen wurde angeblich getötet, als sie ihrem Vater den Pager brachte, der plötzlich klingelte. Aber alles in allem war der Angriff erstaunlich präzise.

Ich habe mir das Video aus dem Supermarkt noch einmal angesehen. Direkt neben dem Terroristen, der sich plötzlich schreiend auf dem Boden wälzt, steht jemand, der einen Moment braucht, bis er begreift, was geschehen ist. Keine einzige Tomate am Gemüsestand bekommt auch nur eine Delle. Vermutlich handelt es sich bei der Pager-Attacke um die präziseste Anti-Terror-Maßnahme in der Geschichte der modernen Kriegsführung.

Woher kommt dieses Mitleid mit Terroristen? Die Hisbollah ist eine wirklich finstere Truppe. Die Blutspur dieser Schattenarmee der iranischen Mullahs zieht sich rund um den Globus. Bei Selbstmordanschlägen gegen amerikanisches Botschaftspersonal kamen über 60 Menschen ums Leben. 1985 und 1986 bombte die Hisbollah in Paris. 1994 traf es ein jüdisches Zentrum in Buenos Aires, mit 85 Toten und Hunderten Verletzen der tödlichste Terroranschlag in der Geschichte Argentiniens.

Was ihre ideologischen Ziele angeht, sind die Anhänger der Hisbollah von den Taliban nicht weit entfernt. Sie hängen nicht nur der Überzeugungen an, dass nur ein toter Jude ein guter Jude ist, auch Frauen- und Minderheitenrechte sind für sie ein gefährlicher Irrglaube, der entschieden bekämpft werden muss.

Ich habe neulich ein Interview mit einem theologischen Führer gesehen, in dem dieser gefragt wurde, ob er es noch für zeitgemäß halte, dass ein neunjähriges Mädchen mit einem 30 Jahre älteren Mann verheiratet werde. Natürlich, antwortete der heilige Mann: Der Prophet, gepriesen sei sein Name, habe schließlich mit Aischa auch eine Neunjährige zur Braut genommen. Das ist der Mindset der Leute, die in die Luft geblasen wurden: Zurück ins 6. Jahrhundert – und dann ist alles wieder gut. Dennoch herrscht großes Wehklagen über das Vorgehen des israelischen Militärs.

Wie lässt sich das erklären? Nach dem zu urteilen, was die Leute so posten, sieht ein beachtlicher Teil der arabischen Community in Deutschland die libanesische Terrormiliz als Kämpfer für die richtige Sache. Wäre ich Verfassungsschützer, würde ich da mal ein Auge draufhaben. Interessanterweise geht die Sympathie über den Kreis der üblichen Verdächtigen aber hinaus. Darauf deutet die Beharrlichkeit, mit der bei den Pager-Opfern von „Zivilisten“ gesprochen wird, so als handele es sich bei den Milizionären um unschuldige Taxifahrer und Gemüsehändler, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden.

Dass gerade die linke Öffentlichkeit terroristische Gewalttäter ins Herz schließt, ist kein ganz neues Phänomen. Anders als der Gewohnheitskriminelle, für den man sich links der Mitte nie groß interessierte, steht der Überzeugungstäter dort hoch im Kurs.

Als die erste Generation der RAF auf der Anklagebank Platz nahm, sah die linksliberale Öffentlichkeit in Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof nicht Mörder und Brandstifter, sondern empfindsame junge Menschen, die erst die überzogene Reaktion des Staates in den Untergrund getrieben hatte. Die Anteilnahme mündete in dem Vorwurf, dass der „hochgepuschte Apparat“ der Fahndungsmacht die Revolutionäre nicht so gelassen habe, wie sie es gewollt hätten. Oder wie es Jan Philipp Reemtsma spöttisch formulierte: Wenn der Staat die RAF in Ruhe gelassen hätte, könnte sie heute noch stadtteilbezogen Bomben legen und Geiseln nehmen.

Das Motiv des Terroristen wider Willens findet sich auch in der Befassung mit den libanesischen Glaubenskriegern wieder. Würde der israelische Staat seine Gegner nicht so rabiat verfolgen, müssten sie sich nicht bis an die Zähne bewaffnen, so die Lesart. Dass die Hisbollah allein seit Januar 15000 Raketen auf israelisches Staatsgebiet gefeuert hat, davon ist selbstverständlich nie die Rede. Ebenso wenig wie von der Tatsache, dass hunderttausend Israelis ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten, um dem Raketenterror zu entkommen.

Ich empfehle, sich Fotos anzuschauen, wie der Libanon aussah, bevor die Islamisten das Ruder übernahmen. Bis in die sechziger Jahre galt Beirut als das Paris des Nahen Ostens. Dann verlor die christliche Mehrheit die Kontrolle und das Land kippte ins Chaos. Heute ist der Libanon ein besonders eindrückliches Beispiel, was passiert, wenn der Islam regiert. Der ulkigste Vorwurf lautet deshalb, die Bewunderung für die technische Raffinesse der Pager- Attacke sei im Kern rassistisch, weil sie die angebliche Zurückgebliebenheit der arabischen Welt betone.

Die progressive Linke hat keine Vorstellung mehr vom Bösen, das ist ihre große Schwachstelle. Sie hält es für eine antiquierte Kategorie, überwunden im Prozess der Zivilisation. Der einzige Bereich, wo das Böse überlebt hat, sind die Vorstandsetagen. Spitzenmanager können tausendmal erklären, dass sie eine schwere Kindheit hatten: Es wird ihnen nichts nützen. Ansonsten ist Vorsicht geboten, denn das vorschnelle Urteil fällt schnell auf den Urteilenden zurück.

Max Goldt hat das Prinzip in einer seiner Kolumnen wie folgt beschrieben: „Darf man etwas gegen Drogenabhängige sagen? Ich glaube nicht. Man muss sagen: ‚Das kann doch jedem passieren, die armen Hascherl, sie sind ja nur Opfer, gebt ihnen Methadon, man darf sie nicht kriminalisieren etc.‘, auch wenn man im gleichen Augenblick denkt: ‚Mir würde das nie passieren, sie sind selbst schuld, sie sind nicht Opfer, sondern Täter, wegen ihrer ständigen Wohnungseinbrüche habe ich mir eine sündhaft teure Stahltür mit Stangenschloss anschaffen müssen etc.‘ Sagen darf man das aber auf keinen Fall! Rohes Reden darf niemals geduldet werden!“

Also wenn das nächste Mal ein Terrorist umfällt, weil in seiner Hosentasche ein elektronisches Gerät explodiert, mit dem er Kontakt zu seiner Terrorzentrale hält, sage ich nicht: „Gott sei Dank, so kann er nicht länger unschuldige Menschen in die Luft jagen.“ Ich sage: „Wie furchtbar, das ist ein ganz heimtückischer Anschlag. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn sich der Mann in einem Flugzeug befunden hätte. Das ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht und absolut zu verurteilen.“

© Silke Werzinger

„Ich bin wütend“

Weil er die Messermänner nicht loswird, schnappt sich der Staat Menschen, die niemandem etwas Böses getan haben: Das ist die deutsche Abschiebepraxis. Es ist zum Haareraufen. Und es wird noch schlimmer werden

Drei Geschichten aus der vergangenen Woche.

Der 24-jährige Tunesier Adem Saadoui hat es in nur acht Monaten vom Schweißer-Lehrling zum Gesellen gebracht. „Ohne Adem kann ich bei der Schweißwerkstatt Insolvenz anmelden“, sagt sein Chef. Den Deutsch-Test bestand Saadoui mit 146 von 165 Punkten. Neben seiner Arbeit engagiert er sich ehrenamtlich als Fußballcoach und im Seniorenheim. Seit Ende August gilt ein Beschäftigungsverbot, so hat es die Ausländerbehörde Magdeburg verfügt. Weil er illegal nach Deutschland einreiste, droht jetzt die Abschiebung.

Vor neun Jahren kam die Japanerin Mitzuki Ikeya zum Orgelstudium nach Stuttgart. Sie spricht perfekt Deutsch und bestreitet ihren Lebensunterhalt als Kirchenmusikerin und Klavierlehrerin. Dem deutschen Staat ist sie noch nicht einen Tag zur Last gefallen. Jetzt erhielt die Musikerin Post von der Stadt Stuttgart: Die Aufenthaltsgenehmigung sei hiermit erloschen und damit das Recht, in Deutschland zu bleiben.

Vor dem Amtsgericht Hannover begann das Verfahren gegen Mustafa H. Der Mann aus Somalia war angeklagt, Mitarbeiter des Ordnungsamtes bedroht zu haben. Es war nicht das erste Mal, dass Mustafa H. vor Gericht stand. Sein Strafregister umfasst 15 Einträge – Exhibitionismus, Körperverletzung, Diebstahl. Seit drei Jahren ist der Flüchtling ausreisepflichtig, aber weil die nötigen Papiere fehlen, verfügt er über eine Duldung. Daran wird auch das neue Verfahren nichts ändern. Das Gericht verurteilte ihn zu drei Monaten Haft. Bis zum Haftantritt ist Mustafa H. auf freiem Fuß.

Fester Wohnsitz, fester Arbeitsplatz, gut integriert: Du musst leider gehen. Arbeitslos, mal hier, mal dort wohnhaft und für Deutschland nur Verachtung: Du kannst bleiben. Das ist die deutsche Abschiebepraxis.

Es ist zum Haare raufen. Wird sich daran etwas ändern? Nein, im Gegenteil – es wird schlimmer werden.

Die Politik hat die Erwartung geweckt, sie könne das Mi- grationsproblem durch Abschiebung lösen. Also wird jetzt abgeschoben. Was macht der brave Polizeibeamte, dem sein Innenminister im Nacken sitzt, er müsse die Quote verbessern? Er sucht sich diejenigen, deren er habhaft werden kann. Und das ist in der Regel eben nicht der mehrfach Vorbestrafte, der sich nicht mehr erinnern kann, wo er geboren wurde und wie er heißt. Es ist die brave Musikerin, die nie auf die Idee käme, sich der Ordnungsmacht zu widersetzen.

Man soll sich nicht täuschen: Die himmelschreiende Ungerechtigkeit macht etwas mit den Menschen in Deutschland. Wo offenkundig Unrecht geschieht, versiegt der Glaube an den Staat. Was übrig bleibt, ist Wut. Genau das ist die Reaktion vieler. „Wer Vergewaltiger, Mörder und Messermänner nicht abschieben kann, schnappt sich eben Menschen, die niemandem etwas Schlechtes getan haben. Ich bin wütend“, schrieb der Blogger Ali Utlu.

Warum gelingt es uns nicht, zu unterscheiden? Weil wir nicht unterscheiden wollen. Vor dem Asylgesetz sind alle gleich, das ist der Grundsatz, der eisern verteidigt wird. Aber wie alle Gleichheitsversprechen ist auch dieses eine Fiktion.

Wo es keine Rolle spielt, ob jemand dazugehören will, weil ja niemand illegal ist, wie der schöne Satz heißt, entscheiden am Ende die besseren Anwälte und die besseren Nerven über den Verbleib im Land. Das Asylsystem ist darauf ausgelegt, die Cleveren und Trickreichen zu bevorzugen, die mit den gewiefteren Ausreden und Schutzbehauptungen, nicht die Fleißigen und Braven, die es zu etwas bringen wollen und sich deshalb an die Regeln halten.

Wie sieht die Praxis aus? Ich habe vergangene Woche länger mit einem Polizeibeamten gesprochen, der für die Sicherung unserer Grenze zuständig ist. Wir waren beide an der neuen Schule meiner Tochter zum Elterndienst eingeteilt, da kommt man ins Gespräch.

Bislang läuft es so: Greift die Polizei einen Flüchtling beim Grenzübertritt auf, fragt sie nach den Papieren. Jetzt kommt es darauf an. Äußert der Aufgegriffene das Wort Asyl, bringen ihn die Beamten zur nächsten Aufnahmeeinrichtung. Wer sich nicht ausweisen kann, weil er angeblich seine Ausweispapiere verloren hat, ist ebenfalls erst einmal sicher. Bei den armen Kerlen, die sich aus irgendeinem Grund weder auf Asyl noch den Verlust ihres Ausweises berufen, werden die Kollegen in Österreich angefunkt, mit der Bitte den Flüchtling zurückzunehmen. Das war der Stand bis Anfang der Woche.

Viel ist im Augenblick vom europäischen Geist die Rede, den wir Deutsche nicht verletzen dürften. Nun ja, wie es schon im Johannes-Evangelium heißt: Der Geist weht, wo er will. Unsere Nachbarn sind da erkennbar weniger besorgt als wir. Sie setzen jeden gerne in den Zug Richtung Deutschland, der meint, da müsse er hin. Das steht zwar im Widerspruch zu den Regeln von Dublin, nach dem jedes europäische Land verpflichtet ist, sich um die Asylbewerber zu kümmern, die dort zuerst auflaufen. Aber europäisches Papier ist bekanntlich geduldig.

Manchmal hilft der Blick von außen. Der Chefkorrespondent des „Wall Street Journal“ für europäische Politik Bojan Pancevski saß vergangene Woche bei „Markus Lanz“ und rechnete kühl vor, weshalb auch ein reiches Land wie Deutschland mit 500000 Zuwanderern pro Jahr überfordert ist. „Es ist die Menge“, sagte er, „dafür fehlt einfach die Infrastruktur.“

Ich glaube, es führt kein Weg daran vorbei, über die Anreize nachzudenken, die wir setzen. Auf Twitter kursierte dieser Tage ein Bescheid des Landkreises Marburg-Biedenkopf, der einer aus Pakistan zugewanderten Familie 3964 Euro in Aussicht stellte. Hat jemand eine Vorstellung, was es für Menschen aus Peschawar bedeutet, wenn sie monatlich knapp 4000 Euro erhalten, und zwar, ohne dass jemand die Hand rühren muss? Man muss schon über eine enorm solide Arbeitsethik verfügen, um sich davon nicht korrumpieren zu lassen.

Ich weiß, ich weiß, angeblich spielt das Geld keine Rolle, so wird es uns wieder und wieder vorgebetet. Die sogenannten Pull-Faktoren gehören nach Klimawandel und Corona-Impfschäden zu den am meisten bestrittenen Dingen im Talkshowleben. Weshalb es dann allerdings die meisten Flüchtlinge nach Deutschland zieht – sechs Millionen seit 2013, also 40 Prozent aller Migranten, die bis 2022 in die EU kamen? Ein Rätsel. Am schönen Wetter wird es eher nicht liegen.

Welches Signal senden wir in die Welt? Dass es sich lohnt, nach Deutschland zu kommen, um hier mit anzupacken? Auf voraussichtlich 47 Milliarden Euro belaufen sich die Kosten für das sogenannte Bürgergeld in diesem Jahr. Die Hälfte der Bezieher hat gar keinen deutschen Pass, weshalb man eher von einem Weltbürgergeld sprechen könnte. Dazu kommen die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Ausgaben für Kita- und Schulplätze sowie ärztliche Versorgung.

Man kann das immer weiterlaufen lassen. Es widerspricht nur eklatant dem, was Politiker in Aussicht stellen, wenn sie davon sprechen, dass die Flüchtlinge die Renten bezahlen werden. Meine Erfahrung nach 30 Jahren Politikbeobachtung: Wenn die Realität und die Ankündigungen zu weit auseinanderfallen, passen die Leute ihr Wahlverhalten nicht den Ankündigungen an, sondern der Realität.

Vielleicht sollten wir es umdrehen. Kein Geld mehr vom Staat, dafür Arbeitserlaubnis vom ersten Tag an. Und Abschiebung für diejenigen, die gezeigt haben, dass sie von Deutschland und den Deutschen nicht viel halten.

Deutschland verfügt über eines der ausgeklügeltsten Rechtssysteme der Welt. Jede Entscheidung lässt sich über diverse Instanzen hinweg anfechten. Wer sich keinen Anwalt leisten kann, bekommt einen kostenlos gestellt. Auch das gehört zu den Dingen, die funktionieren, wenn jedes Jahr 50000 Menschen neu ins Land kommen. Aber nicht bei 500000.

© Michael Szyszka

Schwul, behindert und schwarz

Der Kampf ums Gendern scheint entschieden: Eine Reihe führender Presseorgane bläst aus Angst vor der Rache der Abonnenten zum Rückzug. Geht dem linken Wokismus etwa die Luft aus?

Vor ein paar Wochen tauchten im Netz Szenenfotos der neuen Amazon-Serie „My Lady Jane“ auf. Die Serie spielt in der Tudorzeit. Im Mittelpunkt steht die Kurzzeitregentin Lady Jane Grey, die im Alter von 15 Jahren für neun Tage auf dem englischen Königsthron landete, bis sie dann, des Hochverrats angeklagt, den Kopf durch das Schwert des Henkers verlor.

Auf einem der Bilder sah man König Edward VI. in einem Gefährt, das man als Prototyp eines Rollstuhls bezeichnen kann. Wie sich dem Begleittext entnehmen ließ, leidet Edward in der Serie an einer Lungenkrankheit, die ihm das Gehen zur Qual macht. Dargestellt wird der König von dem schwarzen Schauspieler Jordan Peters. Die Macher der Serie haben sich zudem entschieden, ihn als homosexuellen Charakter anzulegen.

Schwul, behindert und schwarz: Mehr geht eigentlich nicht. Okay, wenn der König auch noch Flüchtling wäre und heimlich muslimischen Glaubens, das wäre der ultimative Kick. Anderseits: Irgendwas muss man sich ja für die zweite Staffel aufheben.

Den Trend, auch historische Rollen mit schwarzen Schauspielern zu besetzen, gibt es schon länger. Eine der ersten Serien, die das Ensemble kräftig durcheinanderwirbelten, war die Erfolgsserie „Bridgerton“, in der die halbe Londoner Oberschicht der aristokratischen Blässe abgeschworen hatte.

Aufmerksame Leser werden jetzt einwenden: Ist das nicht kulturelle Aneignung? Die Besetzung von Rollen mit Schauspielern, die aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder sexuellen Orientierung dafür nicht in Frage kommen, gilt in der Branche als No-Go.

Nach den neuen Regeln der Kunst darf Kleopatra nur mit einer ägyptischen Aktrice besetzt werden, ein Behinderter nur mit einem Behinderten und ein Transsexueller nur mit einem Transsexuellen. Aber ich kann Sie beruhigen: Mit der kulturellen Aneignung verhält es sich wie mit dem Rassismus. Den gibt es auch nur in eine Richtung.

Dass sich Serienschöpfer die Wirklichkeit so zurechtbiegen, wie es ihren dramatischen Bedürfnissen entspricht, gehört zum Handwerk. Aber der Änderungswille der kreativen Köpfe hinter Serien wie „Bridgerton“ oder „My Lady Jane“ ist politisch motiviert, entsprechend groß fiel das Lob aus: Endlich Vielfalt auch retrograd im 16. Jahrhundert!

Die nachträgliche Überwindung der Klassen- und Rassengrenzen bleibt allerdings nicht ohne Tücken. Eine Bekannte brachte mich darauf: Wenn die Kinder mit Serien aufwachsen, in denen auch Lord und Lady Danbury wie selbstverständlich schwarz sind, muss man ihnen mit Rassismus nicht mehr kommen, sagte sie. „Was, die Schwarzen wurden systematisch unterdrückt? Nein, Mama, sie hatten selber Dienstboten und konnten in England sogar König werden!“ Das ist der unbeabsichtigte Erziehungseffekt der neuen Vielfalt: Er macht den Rassismus auf elegante Weise unsichtbar, bis niemand mehr weiß, dass es ihn überhaupt gab.

Ich mag mich täuschen, aber ich glaube, wir befinden uns an einem Kipppunkt. Geht es nach den Anwälten des Fortschritts, dann stehen wir erst am Anfang einer neuen, aufregenden Entwicklung, die uns in eine noch inklusivere, gerechtere und sozialere Gesellschaft führen wird.

Schon das Wort „woke“ ist ja inzwischen verpönt, weil es aus der schwarzen Bürgerrechtsbewegung stammt und seine Verwendung ebenfalls eine Form der kulturellen Aneignung bedeutet.

Glaubt man den Advokaten der neuen Achtsamkeit, ist der Tag nicht mehr fern, an dem alle Yoga-Studios ihre Pforten schließen müssen, weil Yoga bekanntermaßen nicht aus Bottrop, sondern aus Poona stammt. Dafür können wir dann zum Speerwerfen zurückkehren. Das soll auch sehr gesund sein. Und: alter germanischer Brauch. Da kann der Inder nix sagen.

Wobei: Der sagt ja ohnehin nix. Ich habe noch nie einen Indianer sich darüber beklagen hören, dass sie in Bad Segeberg jedes Jahr die Karl-May-Spiele abhalten. Oder einen Mexikaner, dass die Tanzgruppe der Arbeiterwohlfahrt bei der Bundesgartenschau auf ihrer musikalischen Weltreise Sombreros trägt.

Sie erinnern sich vielleicht an das Sommertheater: 17 Rentnerinnen, bei denen man froh ist, wenn sie nach ihrer Darbietung unbeschadet den Weg von der Bühne finden. Trotzdem: Der Sombrero muss weg. Der Hut würde die Maßstäbe der Bundesgartenschau hinsichtlich „interkultureller Sensibilität“ untergraben, hieß es in einer Erklärung der Messeleitung.

Man kann jede Schraube immer fester anziehen. Irgendwann dreht sie durch. Oder der Kopf bricht ab. Rechts der Mitte lebt man in der Angst, dass eines nicht zu fernen Tages kein Witz mehr erzählt und kein loses Wort mehr geäußert werden kann, weil alles Lose und Schlüpfrige unter Strafe gestellt ist. Aber vieles spricht dafür, dass die Bewegung ihren Scheitelpunkt überschritten hat.

Man kann das beim Gendern sehen. Kaum ein Projekt haben Medien- und Kulturleute mit solcher Inbrunst verfolgt wie die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit durch eine Sprache, die alle und jeden einschließt, auch diejenigen, die gar nicht eingeschlossen werden wollen. Und nun? Nun streichen selbst führende linke Presseorgane die Segel.

Der „Tagesspiegel“, der zwar nicht über die größte Auflage, dafür aber eine der fortschrittlichsten Redaktionen des Landes verfügt, hat Ende letzten Jahres eine neue Direktive herausgegeben, nach der die Redakteure gehalten sind, auf Pünktchen, Sternchen und andere Attribute der neuen Geschlechtersprache zu verzichten.

Auch die „Süddeutsche“ und der „Spiegel“ haben ihre Versuche, mit Genderzeichen die Welt zu verbessern, weitgehend eingestellt. Weshalb der Rückzug? Die neuen Sprachregeln sind unfassbar unpopulär. Normalerweise ist Journalisten die Meinung ihrer Leser herzlich egal. Aber in dem Fall sind die erwarteten Auswirkungen auf die Abonnentenzahl so desaströs, dass die Verlagsleitungen nicht umhinkonnten, die Sache abzublasen. Es heißt ja nicht von ungefähr: Go woke, go broke.

Wie viele linke Ideen hat auch das Gendern nie wirklich über den Kreis der Überzeugten hinausgefunden. An diese Art der Sprachmagie können nur Menschen glauben, die ihren Lebensunterhalt mit dem Hin- und Herschieben von Wörtern verdienen. Wer jeden Tag Kisten schleppt oder Kissen aufschüttelt, weiß ziemlich genau, dass seine Wirklichkeit sich nicht ändert, nur weil man jetzt anders über sie spricht.

Man kann den geordneten Rückzug auch beim sogenannten Selbstbestimmungsgesetz beobachten. Was als „Glutkern“ der Fortschrittskoalition angekündigt war, gilt inzwischen als Altlast, über die man besser nicht allzu viele Worte verliert. Das Projekt ganz aufzuhalten, das hat sich bei den Grünen niemand getraut. Dazu sind die Lobbygruppen zu stark. Aber niemand im Führungskreis ist wirklich stolz auf das Erreichte. Selbst treuen Grünen-Anhängern ist nur schwer zu vermitteln, weshalb es ein Zugewinn an Liberalität bedeutet, wenn künftig jeder, der sagt, dass Erika früher mal Erich hieß, mit einer Ordnungsstrafe bedroht ist.

Wird der Wokismus ganz verschwinden? So weit wird es nun auch nicht kommen. Als Erkennungszeichen werden seine Insignien in einem bestimmten Milieu immer ihre Berechtigung haben. So wie sich in rechten Kreisen bestimmte Zahlen- und Buchstabenkombinationen großer Beliebtheit erfreuen, sind unter Grünen-Anhängern eben der Knacklaut und der Genderstern en vogue.

Es wird auch immer Leute geben, die das Erreichte noch für viel zu feige halten. In einer Besprechung von „My Lady Jane“ auf der Online-Plattform „Freilich“ heißt es: „Lady Jane ist seit Juni auf Amazon Prime verfügbar. Obwohl die Serie viele woke Elemente enthält, geht sie manchen nicht weit genug. Sie kritisieren zum Beispiel, dass, obwohl König Edward ein schwarzer, homosexueller König im England der Tudor-Zeit ist, Intersektionalität, also die Überschneidung und Wechselwirkung verschiedener Diskriminierungsformen, in der Serie nicht wirklich zum Tragen kommt.“ Das ist das Schicksal vieler Glaubensbewegungen: Es findet sich immer jemand, der noch frömmer ist als man selbst.

Amazon hat jetzt bekannt gegeben, dass es die Serie trotz sehr positiver Besprechungen nach nur einer Staffel einstellen wird. Der Kreis der Fans war einfach zu klein.

© Sören Kunz

Nimmt Björn Höcke heimlich Botox?

Demokratie heißt, den Wählerwillen zu respektieren. Also: Björn Höcke als Ministerpräsident in Thüringen, unterstützt von Sahra Wagenknecht. Und ein Ende des Länderfinanzausgleichs. Welcher stolze Ostler will schon Geld aus dem Westen?

Ich war neulich für einen Auftritt in Duisburg. Der dortige Unternehmerverband hatte mich eingeladen, anlässlich seines Unternehmertages ein paar Worte zur aktuellen politischen Lage zu sagen. Meine Spezialität: dem Schrecken etwas Heiteres abgewinnen.

Ich weiß nicht, ob Sie schon mal in Duisburg waren. Ich hatte mir einen Mietwagen vom Flughafen genommen und dachte, als ich die Hauptstraße herunterfuhr: „Wow, wie fertig sieht das denn hier aus.“ Es tut mir leid für alle Duisburger, das so sagen zu müssen: Aber wenn es einen Preis für unmittelbar überwältigende Hässlichkeit gäbe, Duisburg wäre ein heißer Anwärter auf einen der ersten Plätze.

Drumherum sieht es nicht viel besser aus. Später am Abend gesellte sich der Oberbürgermeister von Mülheim da- zu, der sich mir als Bürgermeister der meist verschuldeten Kommune Deutschlands vorstellte. Zum Abschied gab er mir einen 0-Euro-Schein, den man im Rathaus hatte drucken lassen – als Gruß der Not.

Man sollte erwarten, dass die Leute in Duisburg und Umgebung alle wie sieben Tage Regenwetter dreinschauen. Aber nein, sie erscheinen erstaunlich gefestigt. Wenn ich die Stimmung beschreiben sollte, würde ich sagen: heiterer Stoizismus. Man ist sich einig, dass die Lage beschissen ist. Aber was soll man machen? Klagen ändert ja auch nichts. Also trifft man sich in geselliger Runde und macht einfach das Beste aus der Situation.

Wenn ich gefragt würde, was das schönste Bundesland ist, würde ich sagen: Thüringen. Ich weiß, ich muss aufpassen, damit mir die Bayern nicht böse werden. Jeder, der in Bayern lebt, geht selbstverständlich davon aus, dass der Herrgott persönlich über die Herstellung des schönen Bayernlandes gewacht habe. Also formuliere ich es vielleicht vorsichtiger: Durch Thüringen zu reisen, ist wie die Reise durch ein Märchenland. Sanft geschwungene Hügel und Täler, darin hineingetupft Wälder, die so aussehen, als hätten schon die Brüder Grimm sie durchschritten, und Städte, deren geschlossene Ensembles nahezu unerreicht sind.

Doch eigenartig, die Menschen wirken bedrückt, so als laste ein furchtbarer Alp auf ihnen. Wenn man sich mit ihnen unterhält, schaut man in ernste, beinah verzweifelte Gesichter. Die Ampel richte das Land zugrunde. Auf nichts könne man sich mehr verlassen, nicht einmal auf die Bahn. Dazu die vielen Migranten. Kurz: Deutschland ein einziges Jammertal, aus dem einen nur die AfD retten könne. Oder Sahra Wagenknecht, die Rosa Luxemburg der letzten Tage.

Das ist ja die Erklärung, die einem geboten wird, weshalb der halbe Osten Parteien wählt, die den Westen und seine Repräsentanten ablehnen: Frust über die aktuelle Lage.

Ich gebe zu, ich kann Menschen nicht ganz ernst nehmen, die Parteien wählen, deren Spitzenleute so aussehen, als ob sie irgendwas mit ihrem Gesicht haben machen lassen. Ich kann’s nicht beweisen, aber wenn Björn Höcke nicht gebotoxt ist, fresse ich einen Besen. Ist es schlimm, wenn sich jemand sein Gesicht mit Fillern aufplustern lässt? Nein, ist es nicht. Bei einem Politiker würde ich allerdings zur Vorsicht raten. Wer es bei der Beschäftigung mit sich selbst übertreibt, nimmt es in der Regel auch mit Wahlversprechen nicht so genau.

Woher kommt die schlechte Laune? Ich würde es wirklich gerne verstehen. Wobei schlechte Laune noch untertrieben ist. Es ist eher eine Melange aus Depression und Wut, bei der die Wut jederzeit die Depression ersetzen kann.

Wenn mir jemand sagen würde, ich müsste einen Abend mit Alice Weidel oder Sahra Wagenknecht verbringen, ich wüsste nicht, wie ich mich entscheiden würde. Vielleicht am Ende doch für Alice Weidel. Da kann man immerhin noch die vage Hoffnung haben, dass der fünfte Riesling für Entspannung sorgt. Das ist bei Wagenknecht ausgeschlossen.

Ich habe einmal einen Anflug eines Lächelns bei ihr gesehen. Es gibt auf YouTube den Ausschnitt einer alten Harald-Schmidt-Sendung, wo sie fragt, was denn für den Kapitalismus spräche, und Schmidt antwortet: „Na, mein Lebensstandard.“ Das ist so entwaffnend, dass sich sogar bei Wagenknecht für einen kurzen Moment die Mundwinkel heben. Aber der Auftritt liegt auch schon elf Jahre zurück. Das würde ihr heute nicht mehr passieren.

Ich habe nie verstanden, warum die Talkshows die eine Politikerin wie eine Inkarnation des Beelzebub behandeln und die andere wie eine seriöse Regierungskritikerin. Selbst der nette Herr Klamroth, dessen Herz so grün schlägt, dass die Haare in Komplementärfarbe leuchten, wird bei Wagenknecht schwach. Dabei ist es wirklich schwer, den Unterschied zu finden. Wenn man Reden von beiden zu Russland und Putin kopieren und dann die Namen schwärzen würde, kein Mensch könnte sagen, welche von wem stammt.

Auch ansonsten sind die Programme nahezu deckungsgleich. Der einzige Unterschied: Wenn Wagenknecht sagen könnte, wo es lang geht, würden nicht nur alle Flüchtlinge des Landes verwiesen, sondern die Reichen gleich mit. Beziehungsweise: Ihnen würden so hohe Steuern aufgebrummt, dass sie fluchtartig das Land verließen. Das gibt es bei der AfD nicht. Da halten sich die sozialpolitischen Vorstellungen im üblichen rechtssozialistischen Rahmen.

Und nun? Ich wäre dafür, Höcke machen zu lassen. Der erste Ministerpräsident der AfD, getragen durch die Unterstützung des BSW: Auch das ist Demokratie. Anstatt sich die Wagenknecht-Partei schönzureden, um die AfD von der Macht fernzuhalten, einfach den Wählerwillen akzeptieren – das ist nicht die schlechteste der möglichen Alternativen.

Außerdem würde man doch gerne mal sehen, wie die große diplomatische Initiative aussieht, die von Erfurt beginnend die Ukraine befriedet. Die Stationierung neuer US- Raketen auf dem Hunsrück wäre nach Lage der Dinge ebenfalls erledigt. In Thüringen leben zwar nur zwei Millionen Menschen, aber wenn es um den Frieden geht, zählt jede Stimme doppelt. Ach, was sage ich, doppelt? Fünffach!

Ich finde allerdings, keine Entscheidung ohne Konsequenz. Wer wie der thüringische AfD-Vorsitzende dem demokratischen Kartellsystem den Kampf erklärt und von der Schönheit des Widerstands spricht, sollte sich dann auch von der Korruption durch das Geld der Kartellmächte frei machen.

Ich habe mir die Transferzahlungen des Länderfinanzausgleichs angesehen. Die Länder, die am meisten von Überweisungen aus dem Westen profitieren, sind Berlin, Sachsen und Thüringen. 1,9 Milliarden Euro waren es im vergangenen Jahr für Thüringen, knapp 1000 Euro pro Kopf.

„Die endgültige Teilung Deutschland, das ist unser Auftrag“, lautet ein altes „Titanic“-Motto. Soweit würde ich nicht gehen. Aber warum nicht den Länderfinanzausgleich einstellen? Einige werden jetzt aufschreien und sagen, das sei undemokratisch, so etwas zu fordern. Denen kann ich nur antworten: Wer die Backen aufbläst, sollte auch pfeifen können.

Das hat mich schon bei den Ungarn immer gewurmt: Bei jeder Gelegenheit Europa den Stinkefinger zeigen, aber dann gerne die Milliarden aus dem Kohäsionsfonds annehmen. Ich finde, das hat etwas Würdeloses. Das ist wie bei den Bürgerkindern, die Revolution mit dem Geld von Papa spielen. Wenn schon System-Feindschaft und BRD-Bashing, dann richtig.

Vielleicht gibt es ja auch einen Zusammenhang zwischen schlechter Laune und Transfers. Das Gefühl, von anderen abhängig zu sein, führt jedenfalls in der Regel nicht zu Dankbarkeit, sondern zu Ressentiment.

Was das Botox im Gesicht von Björn Höcke angeht: Ich bin jederzeit bereit, eine Gegendarstellung zu akzeptieren. Ich erinnere mich noch, wie Gerhard Schröder verlangte, dass man nicht länger schriebe, er würde sich die Haare färben. Es gab dann einen länglichen Rechtsstreit, ob Tönen und Färben hinreichend verwandte Formen der Friseurkunst seien.

Der „Spiegel“ schrieb fortan vom Bundeskanzler mit dem dunkelsten Haaransatz seiner Generation. So können wir es gern auch bei Björn Höcke halten. Wir schreiben einfach: Der AfD-Führer mit dem glattesten Gesicht aller politischen Heiratsschwindler.

© Silke Werzinger